Empfohlen Schwere Bergtour Löffelspitze (2.563m), Orgelkopf (2.530m), Orgelspitze (2.592m), Braunarlspitze (2.649m)

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen" wurde erstellt von Thom, 20. August 2025.

  1. Thom

    Thom Mitarbeiter Registrierter Benutzer Intern

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    Isny im Allgäu
    Sehr ansprechendes aber auch anspruchsvolles Urbergsteigen an längst vergessenen und kaum jemals bestiegenen Gipfel im Lechquellengebirge. Einmalig schön und reizvoll, aber auch ernst.

    Tour-Bewertung:


    [​IMG] ca. 8 Std.
    [​IMG] Kondition
    [​IMG] ca. 1.670 Hm / 27 km (davon 300 Hm / 10 km mit dem Bike)
    [​IMG]Schwierigkeit bis III+ / T6
    [​IMG] Aussicht
    [​IMG] Empfehlung (nur für Individualisten!)

    [​IMG]Tourengänger: Franzi, Thom

    Als ich 2010 bei meiner Feuerstein-Besteigung zum ersten Mal die gewaltige Felsmauer von Hochlichtspitze, Löffelspitze und Orgelspitze erblickte, zog mich dieses gewaltige Massiv irgendwie sofort in seinen Bann, obwohl ich zu der damaligen Zeit nicht einmal die Namen der vor mit liegenden Berggestalten benennen konnte. Und kaum 15 Jahre später war es dann auch schon soweit - wir wollten uns diese kaum je bestiegenen Gipfel einmal aus der Nähe ansehen. Neben den verschiendenen AV-Führerausgaben zum Lechquellegebirge diente uns der einzig im Netz auffindbare, wenn auch schon etwas in die Jahre gekommen Bericht auf hikr.org, welcher die komplette Überschreitung des gesamten Braunarlspitzenkammes in wenigen Worten beschreibt. Neben einigen Schwierigkeitsbewertungen gab es auch noch ein paar wenige Fotos, was die Unternehmung während der Planung etwas plastischer werden lies - vielen Dank hier nochmals an den Autor Nyn. Bei einer solch unbekannten Unternehmung sind die Anforderungen natürlich nicht ohne: perfekte Trittsicherheit, guter Orientierungssinn, sowie die sichere Beherschung des 3. Schwierigkeitsgrades in teils brüchigen Felspassagen sind Pflicht. Zudem sollte tunlichst auf stabiles Bergwetter geachtet werden. Sind alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, dann darf sich der erfahrene Tourenaspirant / die erfahrene Tourenaspirantin auf unberührte Bergszenerien mit vielen schönen und wilden Kletterstellen, eine prächtige Aussicht und völlige Einsamkeit freuen. Für den schnellen Zustieg von Lech/Zug hinauf zum Oberen Älpele empfehlen wir die Mitnahme eines Zweirades, wobei die Auffahrt vom Unteren zum Oberen Älpele als sehr steil bezeichnet werden darf.

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    Wir steigen vom Oberen Älpele (Fahrraddepot) über die gutmütigen Wanderwege zunächst hinauf zur Göppinger Hütte. Schon nach wenigen Höhenmetern erhalten wir einen ersten Ausblick auf die Gipfel der heutigen Bergtour. Ganz links die Hochlichtspitze, diese haben wir bereits im letzten Herbst bestiegen. Rechts darunter die Bergruine der Löffelspitze, etwas links der Bildmitte Orgelkopf und die etwas höhere Orgelspitze mit ihrem ca. einem Kilometer langen Westgrat hinüber zur klotzigen Braunarlspitze.

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    Kurz vor Erreichen der Göppinger Hütte kommen weitere interessante Gipfel wie die Johannesköpfe oder der nur sehr selten besuchte Bratschenkopf ins Blickfeld. Direkt an der Hütte zweigen wir nach rechts auf den Höhenweg hinüber zur Braunarlspitze ab. Wie immer pfeift hier oben eine steife Brise.

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    Der Höhenweg quert unterhalb der Löffelspitze mit ihren Westausläufern hindurch und steigt dann etwa 90 Höhenmeter hinab ins Schneetal. Eventuell lässt sich schon von hier über recht brüchiges Gestein und einige heikle Passagen zur Löffelspitze ansteigen, eine wirklich gangbare Route endeckten wir aber auf Sicht nicht. Im Hintergrund die Braunarlspitze und rechts daneben die kaum je betretene Kleinspitze.

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    Ankunft im Schneetal. Wer Bruch und Schotter liebt, der kommt hier voll auf seine Kosten. Etwas mühsam bahnen wir uns den Weg hinauf ins obere Kar unterhalb der steilen Gratabstürze in der Bildmitte. Hin und wieder mahnt uns Steinschlag aus den benachbarten Flanken zur Vorsicht, im Kargrund ist man aber weitgehend außer Gefahr, gute Trittsicherheit in derartigem Gelände ist unabdingbar.

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    Im Oberen Schneetal. Hinten rechts die Orgelscharte mit Orgelkopf und rechts daneben unsere spätere Anstiegsflanke hinauf in die Hohe Scharte zwischen Orgelkopf und Orgelspitze.

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    In teils unangenehm verbackenen Schutt steuern wir nun zunächst den Verbindungsgrat zur Löffelspitze hinüber an. Für den Aufstieg gibt es mehrere Möglichkeiten, wir entscheiden uns für die Platten halb links.

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    Nach dem vielen Schutt eine echte Wohltat. Der Aufstieg über die geneigten Platten erfordert gute Trittsicherheit und umsichtigen Umgang mit dem doch teils sehr brüchigen Fels (II). Es finden sich aber fast immer feste Tritte und Griffe, die etwas eigenwillige Kletterei macht Spaß und führt uns rasch hinauf zur Gratkante.

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    Blick auf Wannenkopf (knapp links der Bildmitte), daneben Orgelscharte, Orgelkopf und die breite Felsmauer der Orgelspitze. Auf den ersten Blick sieht das Ganze wenig einladend aus, aber dazu später mehr. Nach den Platten steigen wir auf einen ersten Gratkopf im Nordgrat der Löffelspitze (I-II).

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    Von diesem über satten aber leicht zu kletternden Bruch (I) hinab in eine Scharte und über wiederum schön geneigte Platten (I-II) hinauf zum nächsten Gratkopf mit Steinmann.

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    Schöne Kletterei hinauf zum zweiten Gratkopf im Nordgrat der Löffelspitze. Die Platten sind oft kompakt, allerdings darf man Griffen und Tritten nie blind vertrauen. Vom zweiten Kopf nun südlich hinab und rechts knapp unterhalb des Grates auf gut gangbarem Band entlang. Danach über einen markanten Felsriss (II-III) links hinauf zur Kammhöhe und an einen kleinen aber hart ausgesetzten Turm heran.

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    Leider etwas unscharf, aber unser einziges Foto von der schönsten Kletterstelle am Nordgrat der Löffelspitze. Das brüchige Bollwerk haben wir über den bereits beschriebenen Riss erstiegen, dies würde sich auch westseitig auf etwas einfacherem Schuttband umgehen lassen. Der Gratturm wird an meist festen Griffen (II+) äußerst ausgesetzt erklettert. Die Scharte danach erfordert ganz sensibles Steigen, hier wackelt wirklich alles, aber irgendworan muss man sich schließlich festhalten. Anschließend immer der luftigen Grantkante entlang ...

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    ... zu diesem schönen Kamin kraxeln. Über diesen kurz aber kräftig in bombenfesten Fels (III) hinauf auf den dritten Gratkopf. Das von hier aus gesehen gut gangbar wirkenden Schotterband ist sehr brüchig und wild ausgesetzt - der feste Kamin war uns daher um Längen willkommener.

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    In der letzten Scharte vor dem Gipfel der Löffelspitze. Der kleine Gipfelsteinmann ist schon in Sicht. Über sehr abschüssige und brüchige Platten (II) geht es etwas heikel hinauf zum höchsten Punkt. Gerade im Abstieg muss mann hier wirklich sehr sauber arbeiten, teilweise lassen sich Tischplatten große Felsen ganz einfach aus ihrer "Verankerung" ziehen. Nach kurzer Pause machen wir uns an den Rückweg über den Nordgrat zurück ins oberste Schneetal.

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    Blick vom Nordgrat der Löffelspitze hinüber zur nahegelegenen Hochlichtspitze. Theoretisch könnte man auch von dieser zum Gipfel der Löffelspitze klettern, die wage Beschreibung in den alten AV-Führerwerken geben hierzu eine Schwierigkeit von III+ an, ich denke aber das man einen freien IVer im Bruch beherschen sollte, wenn man diesen Übergang angehen will. Für uns defintiv zu heikel.

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    Nachdem wir spannend den Nordgrat der Löffelspitze zurück geklettert sind, steigen wir etwas heikel und recht anspruchsvoll unterhalb der Felsmauern des kleinen Wannenkopfes hinab ins oberste Schneetal und queren unter der Orgelscharte hindurch bis zum Fuß der steilen Südflanke der Orgelspitze.

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    Kurzer Blick zurück auf die Bergruine der Löffelspitze. Kaum zu glauben, dass man hier auf durchaus schöne und halbwegs feste Kletterstellen treffen kann.

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    Unser weiterer Aufstieg hinauf in die Hohe Scharte zwischen Orgelkopf und -spitze. Wir queren hier über das schuttige Band nach rechts an den Grat hinaus und klettern diesen hinauf (I-II), bis wir ...

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    ... auf ein weiteres Band treffen, welches uns wieder nach links in die große Verschneidung direkt unterhalb des Orgelkopfes führt. Auf dem Band ziehen wir uns schnell die Helme an, denn jetzt wird es steil!

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    Etwas rechts der großen Verschneidung - quasi immer auf der Suche nach festem Fels - geht es in ansprechender Wandkletterei (II-III) hinauf in Richtung Hohe Scharte. Würde man immer über die einfachsten Passagen klettern und auch sehr brüchigen Fels in Kauf nehmen, so könnte man hier mit dem im AV-Führer angegebenen Grat von II+ durchkommen. Wie sinnvoll das ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Leider ist das Foto zurück an den Wandfuss auch sehr unscharf geworden, dieses hätte schön die extreme Steilheit des Geländes nahegebracht.

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    In der Hohen Scharte. Bei der Besteigung des Orgelkopfes muss man nicht über die beiden wilden Grattürme klettern (III-IV), sondern kann recht entspannt ...

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    ... über viel loses Blockwerk auf der Westseite der Gratzacken hindurch queren (I).

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    Herrliche Ausblicke mit prächtigen Sommerfarben bis hin zur Hochkünzelspitze (rechts hinten) .

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    Entspannte Rast am kleinen, wohl ebenfalls kaum je besuchten Gipfel des Orgelkopfes.

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    Vom Orgelkopf geht es zurück in die Hohe Scharte und sofort wieder anspruchsvoller und ernster weiter hinauf zur Orgelspitze. Die Ausblicke auf des nahegelegene Feuersteinmassiv wissen zu begeistern.

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    Wir halten uns weiter an den bestmöglichsten Fels und klettern über die für uns günstigsten Riss- und Rinnensysteme nach oben (II-III). Es gibt aber sicher mehrere Möglichkeiten.

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    Die letzten Meter hinauf zum Doppelgipfel der Orgelspitze (II). Am Westgipfel befindet sich kein Steinmann, daher klettern wir ohne Umschweife gleich weiter ...

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    ... in Richtung Ostgipfel, der schon in greifbarer Nähe ist. Zunächst muss jedoch ein ungewöhnlich zu kletternder Felsspalt (II+) überwunden werden, ...

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    ... anschließend wird sehr ausgesetzt über ein "Loch" zur markanten Felsrippe nach rechts gequert, welche man in steiler Kletterei (III-) an super Felsen hinauf zum Ostgipfel erklettern kann. Theoretisch kann man auch mittig den Steilaufschwung über den liegenden Felsblock (links unten) angehen, es folgen danach glatte Platten mit eine sehr brüchig wirkenden Runout. Diese Variante haben wir nicht getestet.

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    Am Ostgipfel der Orgelspitze. Steinmann war auch hier keiner zu finden, daher haben wir kurzer Hand einen aufgestellt. Welcher der beiden Gipfel den höchsten Punkt der Orgelspitze beschreibt, war uns nicht ganz klar, beide wirken exakt gleich hoch. Wer jetzt meint, die Tour wäre so gut wie geschafft, der irrt gewaltig. Als nächste Herausforderung beim weiten Übergang zur Braunarlspitze warten die zahlreichen "Orgelpfeifen" auf einen. Eine Vielzahl von Grattürmen und -köpfen, die dem Bergmassiv wohl einst seinen Namen gaben.

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    Schon nach wenigen Metern Abstieg gilt es sogleich einen sehr ausgesetzten Gratturm zu überklettern (III-), hierbei sind wieder alle Griffe und Tritte tunlichst auf ihre Halt zu prüfen. Eine Umgehung ist nicht ratsam.

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    In stetigem Auf- und Ab klettern wir zumeist direkt an der stets luftigen Gratkante über die "Orgelpfeifen" hinweg. Ich habe diese nicht wirklich gezählt, tippe aber auch 7-8 markante Gratzacken.

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    Danach geht es auf etwas entspannterem Terrain an das letzte Felsbollwerk vor der tiefsten, mit hellem Felsüberhang verzierten Scharte heran. Vielleicht ließe sich dieses Bollwerk auch auf sehr abschüssigen Schuttpassagen links herum umgehen, wir klettern lieber direkt darüber. Start ist ein gut mannhoher Überhang, welcher nur einen schweren und kraftraubenden Kletterzug beherbergt (III+), anschließend über den brüchigen Kamm hinweg, um ...

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    ... letztendlich extrem luftig über etwas zweifelhaften Fels (III) hinab auf die helle ausgesetzte Felsplatte abzuklettern. Danach kehrt man vorsichtig über die geneigte helle Platte (ganz rechts) an den Grat zurück.

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    Blick aus der tiefsten Scharte des Orgelspitze-Ostgrates hinüber zum Tafelberg des Hohen Ifen. Nun gilt es über steilen Schutt und einfache Kletterei den rechts im Bild befindlichen Gratkopf zu ersteigen. Im Prinzip die einzig längere Gehpassage beim Gratübergang zwischen Orgelspitze und Braunarlspitze. Vom wuchtigen Gratkopf nun wieder über zahlreiche, ...

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    ... leider zum Teil auch sehr brüchige und ausgesetzte Gratköpfe (bis II+) hinweg, welche nochmal volle Konzentration verlangen. Hier dürfen keinerlei Leichtsinnsfehler gemacht werden.

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    Bald aber an den letzten brüchigen Aufschwung heran und in moderater Kraxelei (I-II) oben drüber.

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    Blick zurück zur Orgelspitze, die wildesten Kletterstellen am langen Verbindungsgrat sind nun überwunden.

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    Die letzten, einfachen Meter hinauf zum Gipfel der Braunarlspitze.

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    Gipfel Braunarlspitze - ein echte Aussichtskanzel Deluxe. Heute haben wir diese ganz für uns alleine.

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    Bereits 2006 haben wir diesen Gipfel von Schröcken aus erstiegen. Auch für sich alleine stellt die Braunarlspitze ein absolut lohnendes Ziel dar. Der nun folgende Abstieg über den oberen Ostgrat und später durch die jähe Südflanke der Braunarlspitze erfordert trotz Markierungen gute Trittsicherheit und etwas Klettergeschick (bis I+), ist aber herrlich kurzweilig.

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    Auf dem Theodor-Praßler-Weg schlendern wir dann zurück zur Göppinger Hütte. Die erneuten 100 Hm Gegenanstieg vergehen dabei wie im Fluge - eine wilde Traumtour neigt sich langsam dem Ende zu.
     
    Zuletzt bearbeitet: 23. August 2025
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