Empfohlen Schwere Bergtour Von Bach über den Westgrat auf den Großstein (2.632m)

Dieses Thema im Forum "Tourenbeschreibungen" wurde erstellt von Thom, 24. Juni 2025.

  1. Thom

    Thom Mitarbeiter Registrierter Benutzer Intern

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    Isny im Allgäu
    Ureinsame Grattour der Extraklasse, welche durchaus das Potential zu einem echten Lechtaler Klassiker hat. Die geforderten Schwierigkeiten sind hierbei zwingend zu klettern.

    Tour-Bewertung:


    [​IMG] ca. 6,5 Std.
    [​IMG] Kondition
    [​IMG] ca. 1.700 Hm / 24,5 km (davon 280 Hm / 14 km mit dem Bike)
    [​IMG]Schwierigkeit III+ / T5
    [​IMG] Aussicht (besser geht es eigentlich nicht mehr)
    [​IMG] Empfehlung

    [​IMG]Tourengänger: Tobi, Thom

    Ja, es gibt sie noch - jene schönen Felsgrate, die ganz einsam und weitgehend unbekannt in unseren Heimatbergen ihr Dasein fristen. Hauptschwierigkeit hierbei ist es, im Vorhinein die lohnenden von den weniger lohnenden Unternehm- ungen zu separieren. Als Planungsquellen dienen dabei oft nur die kurzen Berichte in den alten AV-Führer-Schätzchen und eventuelles Bildmaterial, welches man bei früheren Besteigungen von zum Beispiel Nachbargipfeln aus geschossen hat. Eben eine noch recht ursprüngliche Tourenplanung, wie sie im Zeitalter der Digitalisierung, YouTube und Instagram immer seltener zum Einsatz kommt. Was mich im Nachhinein an dieser Bergtour besonders faszinierte, war die Tatsache, dass nicht alleine der für den langen Zustieg doch recht kurze Westgrat - welcher als absolut lohnend bezeichnet werden darf - für den Berggenuss verantwortlich zeichnet. Vielmehr war vor allem der ureinsame, lange und im oberen Bereich malerisch schöne Aufstieg von Madau aus über den seichten Jägerpfad hinauf zum Mahdberg ein wunderbares Erlebnis, was mich stark an unsere Anfangszeiten in den Bergen erinnerte. Ein wenig Orientierungsvermögen, Zeit und Kondition erfordert diese Anstiegsroute von Madau aus schon, ist aber meiner Meinung landschaftlich schöner und mit unter einsamer wie der etwas kürzere Anstieg von Gramais aus. Noch kurz ein Wort zu den Schwierigkeiten am Westgrat: die anspruchsvollesten Kletterstellen sind zwingend, können nicht umgangen werden. Hierbei geht für uns die Bewertung (III+) der Erstbegeher in Ordnung, als klassische 3er-Referenz diente uns der vor wenigen Wochen wieder einmal absolvierte Nordgrat des Großen Krottenkopfes, dessen Schlüsselstelle spürbar einfacher zu erklettern ist wie die 3 schweren Grataufschwünge am Großstein-Westgrat. Die Felsqualität bei der hier vorgestellten Tour ist zumeist vernünftig bis sehr gut, es gibt aber auch wilde Passagen mit sehr tükischer Felsbeschaffenheit, also Griffe und Tritte bitte immer auf sicheren Halt überprüfen. Dafür gibt es eigentlich keine heiklen Gehpassagen am Grat, man kann sich also voll auf Kraxeln konzentrieren. Nach absolvierter Tour hat man den Gipfel des Großstein wohl zumeist für sich alleine, die Aussicht vom höchsten Punkt sucht seines Gleichen. Der markierte Abstieg über den Normalweg erfordert nochmal etwas Konzentration, bevor wir von der Schafkarscharte über viel Schutt hinab zum Mahdberg und von dort über unsere Anstiegsroute wieder nach Madau absteigen. Ausgangspunkt ist der kostenlose Parkplatz am Alperschonbach im Bacher Ortsteil Oberbach - klingt komisch, is aber so. Von dort geht es mit den Bikes hinauf nach Madau.

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    Unser Bikedepot legen wir ganz kurz vor Madau nach erfolgreicher Bachüberqueren am nahegelegenen Zaun und schlendern in das nur wenige (Ferien-)Häuser zählende Bergdorf hinauf bis zum hier schon sichtbaren letzten Haus am Hang. Dort kurz weglos links an den Waldrand entlang und bald über einen verfallenen Jägersteig immer rechts der Schlucht hinauf zu Forstweg, welchem wir zwei Spitzkehren lang brav folgen und schließlich bei der darauffolgenden sanften Linkskurve (Steinmann) dem nun deutlicheren Jägersteig hinauf zum Mahdberg folgen. Im Nachhinein betrachtet hätten wir auch mit den Bikes bis zum Steinmannl hinauf fahren können, durch die aktuellen Forstarbeiten wäre das an diesem Tag aber nicht von Erfolg gekrönt gewesen.

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    Auf dem Jagsteig zum Mahdberg passiert man nach ca. 25 Hm einen großen Jägerstand. Danach folgt man dem nicht immer so gut wie hier im Bild sichtbaren Pfad hinauf zum oben hinaus immer lichter werdenden Kamm des Mahdberges. Vermutlich trifft man hier nur äußerst selten auf weitere Mitstreiter.

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    "3-Hörner-Blick", Parseiertal und die Saxerspitze. Die Ausblicke werden nach passieren der verfallenen Mahdbergalpen schnell grandios - mitten im Herzen des Lechtaler Alpen.

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    Der Aufstieg verläuft nun stets an der grasigen Kammhöhe, in diesem Bereich gibt es leider ein paar Zecken zu beklagen. Sonst trübt rein gar nichts die Bergsteigerfreuden. Wir wandern an der nächsten Holzhütte vorbei auf eine etwas verkarstete Gratkuppe ...

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    ... hinter welcher das "Klämmle" auf uns wartet: ein tiefer, quer zum eigentlichen Kamm verlaufendener Einschnitt, welcher die weiteren Meter auf Pfadspur doch recht ausgesetzt wirken lässt. Herrlich!

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    Oberhalb des Klämmles geht es wieder gewohnt gemütlich über immer schrofigere Geländewellen weiter, welche laut Uhr doch etwas Zeit beanspruchen, vom reinen Gefühl her aber dank der wunderbaren Ausblicke und der völligen Stille um einen herum wie im Flug vergehen.

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    Der Einstieg zum Grat ist nicht zu verfehlen. Wir steigen zunächst über Geröll, später über recht brüchigen Fels (I-II), hinauf in die gut sichtbare Scharte hinter dem ersten, wuchtig überhängenden Gratturm.

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    In der Gratscharte hinter dem überhängenden Turm - noch kurz den Helm aufgeschnallt und es kann losgehen.

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    Der erste Steilaufschwung des Grates teilt sich in zwei direkt hintereinander folgende Abschnitte auf. Zunächst etwas von rechts kommend etwa sechs Meter steil den gutgriffigen Fels hinauf (III), dann nach schräg rechts durch sehr steile, seichte Verschneidung (III+), mit zweifelhafter Felsqualität.

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    Nach dem Doppelaufschwung geht es über schön geneigte Platten (II) kurz in einfacheres Gelände.

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    Der zweite Steilaufschwung am Grat lässt nicht lange auf sich warten. Hier darf gleich mal ein fast mannshoher Überhang erklettert werden (III+), danach geht es in anregend steil durch guten Fels (II-III) immer an der Gratkante entlang hinauf zum nächsten Absatz.

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    Kurze Abkletterstelle (I-II) vor dem nächsten Grataufwurf.

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    Sieht nicht besonders fest aus, ist es aber. Klettertechnisch fast die schönste Stelle (III) im gesamten Gratverlauf.

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    Steil aber gutgriffig - so könnte es ewig weiter gehen.

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    Gipfel bereits voraus. Bis zum Gipfelaufschwung bleibt das Gelände recht brav (I-II).

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    Dann wirds nochmal kurz wilder. Im Auf und Ab über eine markanten Felsspalt hinweg und direkt ...

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    ... mit ein paar schweren Kletterzügen (III+) auf einen ausgesetzten Gratkopf, hinter welchem skurile Felstürme in einer Scharte thronen. Der schwere Gratkopf wäre auch links ausgesetzt umgehbar (II+).

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    Richtung Gipfel wir der Hauptdolomit am Grat wieder etwas brüchiger, die kurze Aufschwünge (bis II) machen aber keinerlei Problem mehr. Wenige Meter später treffen wir auf den markierten Normalweg und steigen über dessen plattige Schlüsselstelle (II) hinauf zum aussichtsreichen Gipfel mit Kreuz.

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    Traumwetter! Traumaussicht! Traumtour? Für jeden, der diese Form des Bergsteigens schätzt ein definitives JA! Ich zumindest brauch nicht mehr ... ein vollkommener Bergtag.

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    Ausblicke Richtung Süden ... ganz unten das winzige Kögele. Den Abstieg legen wir wie eingangs berichtet über den markierten Normalweg (II/T5) hinab in die Schafkarscharte.

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    Blick von der Schafkarscharte auf den fast kompletten Westgrat des Großsteins. Über viel zusammengebackenes Geröll steigen wir anschließend wieder Richtung Mahdberg ab. Es finden sich hin und wieder sogar Markierungen im Kar.

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    Abstieg über den Mahdberg zurück nach Madau. Geht definitiv schneller, als man zunächst denkt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 1. August 2025
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